Die Glasur in der Keramik
Glasur in der Keramik: Zwischen Schutz und Schönheit
“Was die Kleidung für den menschlichen Körper bedeutet, stellt die Glasur auf den Töpfergefäßen dar. Beides dient einem praktischen Zweck, will aber auch die der Form innewohnende Schönheit hervorheben.” Bernard Leach
Malerisch oder funktional, experimentell oder klassisch, einfarbig oder mehrfarbig, grob oder fein, transparent oder farbig. All das kann eine Glasur sein. Aber in erster Linie schützt sie Keramikprodukte wie Steingut, Steinzeug und Porzellan bzw. dichtet sie ab und macht sie damit funktional, insbesondere für Lebensmittel. Chemisch passiert bei der Glasur eine Wechselwirkung zwischen Basen und Säuren. Unter Hitzeeinwirkung reagieren diese miteinander und fördern so die Bildung einer flüssigen Phase, der Glasur.
Die Funktion der Glasur
Zwar wird der Scherben bei einer Temperatur von 1250 °C bei Steinzeug und bis 1400 °C bei Porzellan dichtgebrannt und bringt unter Umständen eine Selbstglasur hervor. Allerdings ist diese Oberfläche oft rau und in der Farbe des Grundstoffes. Durch eine Glasur wird eine geschlossene Oberflächenschicht geschaffen. Die Glasur überzieht den Scherben also mit einem glasigen, hygienischen Überzug, der glatter ist als der unterliegende Scherben und auch keine Porosität besitzt. Die Glasur hat dabei auch einen dekorativen Effekt durch Farbe, Glanz oder einen Oberflächenkontrast zum Scherben.
Am Anfang liegt die Glasur als pulvrige Schicht auf dem Rohling oder Scherben auf. Diese pulvrige Schicht besteht aus glasbildenden Materialien, Flußmitteln und Stabilisatoren. Durch den Brennprozess schmelzen diese Rohstoffe zusammen und bilden eine Schicht aus kompaktem Material. Während des Abkühlens bleibt diese Schmelze als neues Material, als Glas, bestehen.
Der Ursprung der Glasur
Schon etwa 12.000 v. Chr. konnten die ersten Glasuren auf in Ägypten gefertigten Perlen nachgewiesen werden. Seit 3000 v. Chr. verwendeten die Ägypter dann Glasuren auf einigen ihrer Töpferwaren. Die frühesten Glasuren entstanden durch die beim Brand ausgetretenen Salze, die einen glasurähnlichen Überzug bildeten. Daneben existierten Glasuren, die als Schlicker aufgetragen wurden, und Bleiglasuren. Bleiglasuren wurden auch in China bereits um 200 v. Chr. benutzt.
In Europa entwickelten sich die Bleiglasuren getrennt von den Steinzeugglasuren, bei denen es sich um Salzglasuren handelt. Die Salzglasur ist eine traditionelle Form, um eine Versiegelung oder Verglasung im Gegensatz zum kristallinen porösen Grundstoff zu erreichen.
Glasur beim Steinzeug, die Salzgalsur
Die Salzglasur wird seit Jahrhunderten für das Glasieren von Steinzeug verwendet. Neben dem Porzellan ist Steinzeug das dichteste unter den keramischen Erzeugnissen, das wie nur wenige Tone dem Sintern bei einer Hitze von 1300 Grad standhält. Der Westerwälder Ton, aus dem auch die Keramiken von kaas+heger hergestellt werden, gehört zu diesem besonders hitzebeständigen Ton.
Traditionell wird dieses Steinzeug nur einmal gebrannt und mit einer Salzglasur überzogen. Die Salzglasur ist eine Anflugglasur. Diese Art von Glasur entsteht also indem in einen laufenden Brand Kochsalz in die Brennkammer gegeben wird, d.h. die Zugabe erfolgt auf den Scherben, der bereits zu Sintern beginnt und die Glasur nicht mehr aufsaugen kann. Die Salzglasur bildet sich bei einer chemischen Wechselwirkung zwischen dem Salz (Natriumchlorid), der Kieselsäure aus dem beigegebenem Quarzsand, der dem Ton als Magerungsmittel zugesetzt wurde, (Magerungsmittel sind nichtplastische Grundstoffe in der Keramikproduktion, die dem Rohstoffgemenge in meist feinteiliger Form zugesetzt werden. Sie setzen die durch die Tonminerale bewirkte Plastizität und Schwindung der Rohmasse herab, wodurch eine Rissebildung beim Trocknen und Brennen vermieden wird) und dem Wasserdampf. Infolge des mitgeführten Wassers zerspringen die Salzkristalle explosionsartig und es kommt zu der für einen Salzglasur charakteristischen glasartigen Oberfläche wie beim Westerwälder Steinzeug. Auch zeitgenössische Keramiker wie zum Beispiel Martin Goerg nutzen diese Technik für ihre Gefäße.
Der Steinzeugscherben, farbig auch ohne Glasur
Tonerde, Quarz und Alkalien, die Hauptbestandteile von Ton, sind farblos. Die Farbe auf dem Scherben und in der Glasur erhalten die Keramiken hauptsächlich von der Menge des in ihnen enthaltenen Eisens und von der Oxidationsstufe, die beim Brand erreicht wird. Die Tone färben sich im oxidierenden Brand bei der Aufnahme von Sauerstoff gelb bis gelbbraun. Bei sehr hoher Temperatur vertieft sich diese Tönung sogar zu einem kräftigen Braun. In reduzierendem Feuer hingegen brennen die Keramiken grau bis hin zu graublau, wenn die Reduktion sehr stark ist.
Manfred Dannegger, der sein Bunzlauer Braungeschirr im reinen Holzbrand brennt, nutzt diese Technik bis heute.
Die Anfänge der Glasur: von der Engobe zur Salzglasur
Die Fähigkeit Steinzeug mit Salzglasur herzustellen, geht auf einen längeren Prozess von Versuch und Scheitern über Jahrhunderte zurück. Der Ursprung liegt im 13. Jahrhundert, als rheinische Töpfer dazu übergingen reduzierend zu brennen, um einen härteren Scherben zu erhalten. Doch als sie ein Jahrhundert später ihre Keramiken mit wärmeren Tönungen färben wollten, begannen sie bräunlich oxidierend zu brennen, aber mit dem Ergebnis, dass die Keramiken weniger fest wurden. Um aber die Gefäße abzudichten, gingen sie dazu über, diese mit einem Lehmschlicker, einer Engobe, zu überziehen. Die stark eisenhaltige Engobe sorgt für eine Braunfärbung der Keramik. Und nach und nach gelang es den Keramikern durch die Steigerung der Temperatur den Scherben unter höheren Temperaturen zu sintern; zunächst nur auf der Oberfläche, nach und nach erfasste der Prozess aber den ganzen Scherben, bis er schließlich im 15. Jahrhundert bei einer Brandhitze von 1250-1300 Grad angelangt war.
Doch immer noch wurden die Gefäße besonders im Rheinland mit einem fein geschlämmten, fast glasurartigen Lehmbrei überzogen. Diese Engobe verlieh den Keramiken bei einer Feuerung mit kaliumhaltigen Pflanzen einen besonderen Glanz, da sich auf den Gefäßen eine alkalische Asche niederschlug. Genau dieser Effekt sollte durch die Zugabe von Kochsalz ins Feuer verstärkt werden, was ab dem 15. Jahrhundert passierte. So schlugen sich die Salzdämpfe auf der Oberfläche nieder und sorgten für die typische glänzenden Salzglasur. Und so verzichtete man nach und nach ganz auf das Engobieren und brannte vor allem in Werkstätten, die einen stark eisenhaltigen Ton verwendeten, mit großer Salzzugabe ein braunes Steinzeug. In Köln entstand das Verfahren am höchsten Punkt des Brandes das Kochsalz mit Schaufeln direkt in den Ofen zu geben. Die Zeit der Lehmglasur war damit weitgehend beendet, nur in Gegenden, in denen eine unschöne Tonfarbe überdeckt werden sollte, verwendete man weiterhin die Lehmglasur.
Glasur als Farbe und Bemalung
Weißes Porzellan wird traditionell mit einer blauen Bemalung versehen, dem sogenannten Kobaltblau. Inzwischen verzichten Keramiker aber auch auf diese Bemalung des Porzellans und lassen das edle Material ganz pur und minimalistisch in reinem Weiß. Auch Carolin Wachter verzichtet auf eine Bemalung ihrer Gefäße, ihre aus französischem Hartporzellan geschaffenen Keramiken werden auf der Außenseite zwei Mal von Hand geschliffen. Dadurch erhalten sie eine sehr samtige Oberfläche, die mit dem glasierten Scherben im Inneren der Keramik einen spannungsvollen Kontrast bildet.
Entgegen dem Porzellan weist das Steinzeug keine weiße Oberfläche auf, farbige Malereien sind hier schwieriger und die Keramiker mussten sich etwas einfallen lassen, um die farbige Gestaltung ihrer Gefäße attraktiv zu gestalten. Hinzu kommt, dass bei den hohen Brenntemperaturen des Steinzeugs nur die wenigen Scharffeuerfarben (Hochtemperaturebeständige Farbkörper, die bei den Bränden mit hohen Temperaturen bei Steinzeug und Porzellan zum Einsatz kommen. Sie werden entweder als Unterglasurfarbe vor dem Glasieren oder auf die bereits glattgebrannte Glasur aufgetragen) verwenden werden konnten. Eisenrot, Kupfergrün und Antimongelb wirkten auf den eher dunklen Flächen aber nicht sehr dekorativ. Für das Steinzeug blieben daher zwei Möglichkeiten, die braune Färbung durch das oxidierende Feuer oder bei dem hellgrauen Scherben aus dem Reduktionsbrand die Bemalung mit Kobaltblau. Daneben gab es im Rheinland die Verzierung mit Manganpurpur und im Erzgebirge und der Lausitz die mit dem Pinsel aufgetragene flüssige Lehmengobe.
Glasur heute
Das inzwischen gängige Verfahren mit einer angesetzten Glasurmischung zu arbeiten, begann in den Islamischen Ländern zur Zeit des Mittelalters und fand dann allmählich über Europa Verbreitung. Heute ist es bei der Keramikherstellung je nach gewünschtem Effekt und den Erfordernissen üblich, die Keramik durch Eintauchen, Bespritzen, Bemalen und Begießen zu glasieren. Entscheidend ist das Zusammenspiel von Form und Oberfläche. Die Ästhetik und Qualität der Glasur beruht dabei wie bei jedem guten Handwerk auch hier auf der Fertigkeit des Handwerkers, seiner Erfahrung und nicht zuletzt Kreativität. Der Keramiker Ulrich Schmitz stellt seine Glasurfarben selbst her und erreicht damit malerische Ergebnisse auf seinen Gefäßen.
Jana Hyner